Bent Branderup: Die Entdeckung der Akademischen Reitkunst

© Celine Rieck
Bent Branderup beim Training seiner Pferde. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Wissen der Alten Meister für die Gegenwart zu übersetzen. 

Bar ohne Namen

Entschlossen verweigert sich Savage, der Bar einen Namen zu geben. Stattdessen sind drei klassische Design-Symbole das Logo der Trinkstätte in Dalston: ein gelbes Quadrat, ein rotes Viereck, ein blauer Kreis. Am meisten wurmt den sympathischen Franzosen dabei, dass es kein Gelbes-Dreieck-Emoji gibt. Das erschwert auf komische Weise die Kommunikation. Der Instagram Account lautet: a_bar_with_shapes-for_a_name und anderenorts tauchen die Begriffe ‘Savage Bar’ oder eben ‚Bauhaus Bar‘ auf.

 

Für den BCB bringt Savage nun sein Barkonzept mit und mixt für uns mit Unterstützung von Russian Standard Vodka an der perfekten Bar dazu.

 

 

 

 

Im Equitana-Podcast erklärt er seine Art der Ausbildung. An Beispielen macht er deutlich, was das Wissen der alten Meister heute bedeutet. 

Mit seinem Zwirbelbart, Weste und Anzug wirkt Bent Branderup wie dem Gemälde eines alten Meisters entsprungen - ein wenig aus der Zeit gefallen. Dennoch hat er die Gegenwart fest im Blick. Als Begründer der Akademischen Reitkunst hat es sich der 59-Jährige zur Lebensaufgabe gemacht, die alten Meister zu studieren. Er möchte das Wissen der Vergangenheit für die Zukunft nutzbar zu machen. “Wir haben heute einen anderen Gebrauch der Pferde als damals. Wir haben überwiegend Freizeitreiter, das bedeutet, dass sie frei von Zeitdruck reiten können. Leider vergisst das der eine oder andere.” 

Die Erforschung der europäischen Reitkultur

Die Faszination für die Geschichte und die europäische Reitkultur entwickelte Bent Branderup schon früh. Er reiste nach Island, Ungarn und Portugal, um ihren Ursprüngen nachzuspüren und wollte eigentlich Ethnologie studieren. Doch dann kam er an die spanische Reitschule in Jerez de la Frontera und tauchte immer tiefer in die Verbindung zwischen Mensch und Pferd ein. Statt in einem Studium die Entwicklung der europäischen Reitkultur zu erforschen, studiert er die Werke der alten Meister aus verschiedenen Jahrhunderten. Sein Ziel ist es, ihre Ausbildungsgrundsätze für die Moderne zu übersetzen.  

Was Akademische Reitkunst bedeutet

Bent Branderup beansprucht diesen Begriff nicht für sich. Vielmehr verweist er auf den deutschen Reitmeister Gustav Steinbrecht und den französischen General Decarpentry, die diesen Begriff bereits im 19. Jahrhundert benutzt hatten. Das Wort klassisch sei dagegen zu wenig präzise. Es bezeichne sowohl die Stilperiode des Klassizismus und bedeute sowohl etwas Vorbildliches als auch etwas Normales - im Sinne von “ein klassisches Beispiel”.

Kunst ist das Reiten heute, weil es nicht mehr einen bestimmten Zweck dienen muss. Niemand braucht mehr ein gut ausgebildetes Pferd, um in der Schlacht zu überleben. Zeit im Sattel zu verbringen, ist vielmehr Selbstzweck und ein Stück weit Lebensart. 

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Für Bent Branderup steht die Beziehung zu seinem Pferd an erster Stelle der Ausbildung.

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Bent Branderup mit seinem Lieblingspferd Dorado beim Training. 

Der wichtigste Grundsatz

Die Akademische Reitkunst stützt sich im Wesentlichen auf fünf große Meister. Alles beginnt mit Xenophon im vierten Jahrhundert vor Christus im dem Grundsatz: “Reite die Hinterbeine des Pferdes nach vorne unter den Bauch und gebe ihm eine Parade, so dass es sich in den Gelenken der Hinterhand beugt. Dabei soll es den Brustkorb erheben und der Reiter muss mit der Hand nachgeben. Dann bekommt das Pferd die schönsten Bewegungen.”

Alle weiteren Autoren wie Antoine de Pluvinel und William Cavendish Duke of Newcastle in der Renaissance, François Robichon de la Guérinière im Barock, Gustav Steinbrecht im Klassizismus und er selbst im Heute versuchen, ihrer jeweiligen Zeit diesen Satz verständlich zu machen.

Der Beginn der Ausbildung 

Am Anfang steht die Beziehung zum Pferd. Da es den Reiter mindestens 20 Jahre begleiten soll, sollte es beiden Freude machen, Zeit miteinander zu verbringen. “Daher investiere ich mindestens ein Jahr darin, eine Beziehung aufzubauen”, betont Bent Branderup. Dabei geht er individuell auf die Persönlichkeit des Pferdes ein. “Jedes Pferd muss lernen zu lernen und ich muss lernen, sein Lehrer zu werden.” Nach den Grundlagen wie Putzen oder Hufe geben, lernt das Pferd die Reitbahn kennen. Anschließend geht es mit dem ABC in der Bodenarbeit weiter, es folgt die Ausbildung an der Longe und erst dann beginnen die ersten Schritte unter dem Sattel. 

© Celine Rieck
Bent Branderup neben der Büste seines einstigen Lieblingspferdes Hugin 

Die Schulparade

Eine Parade ist keine Zügelhilfe, sondern beschreibt die Reaktion des Pferdes, wenn der Hinterfuß die Körpermasse auffängt. Es geht darum, die Hinterhand in Übereinstimmung mit der Körpermasse zu bringen, so dass sie dazu in der Lage ist, das Gewicht aufzufangen. Nicht der Reiter soll die Parade durchführen, sondern das Pferd. Der Reiter muss das Pferd aber dazu auffordern können. 

Der Schulschritt

Im Schulschritt entsteht die Diagonalität der Bewegung durch ein Abfangen des Schubs der Hinterhand. Weder Hinterhand (Zackeln) noch Vorhand (spanischer Schritt) sollten bei dieser Lektion überaktiviert sein. Denn sonst geht der Rücken in der Mitte als Verbindung verloren.  Vielmehr wird die Versammlung im Schulschritt so erarbeitet, dass die Hinterhand erst ihren vollen Raumgriff entwickelt und dieser dann durch die treibenden Hilfen abgefangen wird. 

Das Schulterherein 

Schulterherein bedeutet nicht, das Pferd diagonal zur Wand zu stellen und es seitwärts zu scheuchen. Vielmehr soll die Lektion dazu führen, Gewicht von der äußeren Schulter auf die innere zu übertragen. Ziel ist, die äußere Schulter so frei zu machen, dass sie eine gute Diagonale für den inneren Hinterfuß bildet. Dann ist sie eine gute Schulung für einen guten Galopp. 

Mehr über die Akademische Reitkunst, ihren Begründer Bent Branderup, sein Leben mit und für die Pferde sowie die Kunst des Hinschauens erfahrt Ihr in der neuen Folge des Equitana Podcasts.