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Nicht für jedes Pferd ist Hafer geeignet. Inzwischen gibt es eine Fülle von Produkten für spezielle Bedürfnisse.
20. Oktober 2022, von Dominique Schroller
Spezialfutter - auf die Mischung kommt es an
Manuela Muth erläutert, warum Hafer nicht für jedes Pferd der perfekte Energielieferant ist und welche Alternativen es gibt.
Neben Weide, Heu und Stroh war Hafer lange Zeit der Energielieferant auf dem Speiseplan. Inzwischen gibt es eine Fülle von Kraftfuttermitteln für fast jeden Anspruch. Mischungen für Allergiker, spezielle Rassen, Zuchtstuten, magenempfindliche Pferde oder getreidefreie Müslis machen dem Besitzer die Entscheidung häufig schwierig. Diplom-Agrar-Ingenieurin Manuela Muth aus dem Produktmanagement der Firma Marstall erklärt, warum statt Einheitsbrei eine Differenzierung durchaus sinnvoll ist.
Bei dieser Fülle an Spezialfuttermitteln - sind die Pferde empfindlicher geworden oder die Besitzer anspruchsvoller?
Wissenschaftlich hat sich im Bereich „Pferd“ in den vergangenen 20 Jahren viel getan. Wir wissen heute viel mehr über spezielle Themen, wie beispielsweise den Aminosäurenbedarf, den Salzbedarf, Gendefekte oder Stoffwechselerkrankungen als früher. Es haben sich auch ganze Themenfelder aufgetan, die vor 25 Jahren kaum oder wenig bekannt waren, wie zum Beispiel Cushing, EOTRH oder EMS.
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Dieses getreidefreie Futter hat 2019 den Equitana-Innovationspreis gewonnen.
Welche Spezialfuttermittel sind nach Ihrer Erfahrung besonders gefragt und warum?
Magen (-Darm)-Produkte: Nicht nur Sportpferde, sondern auch ein weit höherer Anteil an Freizeit- oder Zuchtpferden als man oft vermutet, leiden an Magengeschwüren oder Magenproblemen. Puffernde, radikalfangende oder schleimende Komponenten in Spezialfuttermitteln können hier sehr sinnvoll sein.
Aminosäurenergänzer: Seit 2014 ist es „amtlich“, dass Pferde nur dünndarmverdauliche Aminosäuren nutzen können. Stark verholztes, überständiges Heu deckt diesen Bedarf oft nicht, besonders bei wachsenden, hochträchtigen, laktierenden oder alten Pferden. Mangelhafte Aminosäurenversorgung kann sich zudem bei Problemen im Muskelaufbau, brüchigem Hufhorn oder stumpfem Fell bemerkbar machen.
Mineralfutter und Öle: Pferde, die wenig oder gar nicht gearbeitet werden, brauchen zu Heu einen Ausgleich an Mengen-, Spurenelementen und Vitaminen. Ein gutes, balanciertes Mineralfutter gehört in jede Ration, wenn der Bedarf nicht schon über Müsli oder andere Ergänzer gedeckt ist. Öle sind konzentrierte Energieträger, können vom Pferd gut genutzt und verstoffwechselt werden. Spezielle Öle haben noch einen Zusatznutzen, wenn sie beispielsweise Omega-3-Fettsäuren enthalten.
Aufzuchtfutter: Mehr als früher sind heute auch Fohlenspezialfutter gefragt. Das Wissen über den Bedarf der Jungpferde ist heute viel höher und es ist bekannt, dass sich die Grundlagen für ein gesundes, langfristig leistungsfähiges Pferd schon im Aufzuchtalter legen lassen.
In welchen Bereichen sind spezielle Futtermittel wirklich sinnvoll und was können sie leisten?
Spezialfuttermittel eignen sich, um einseitige oder unausgeglichene Rationen zu ergänzen, Mangelversorgung vorzubeugen oder im Bedarfsfall bei Problemen zu unterstützen. Das gilt für viele Bereiche, wie zum Beispiel die Spurenelement-, Elektrolytversorgung, Bedarfsdeckung dünndarmverdaulicher Aminosäuren oder Rohfaserergänzung.
Nach welchen Kriterien entwickeln Sie solche Spezialmischungen?
Wir orientieren uns eng an den früheren und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen – sowie an praktischen Erfahrungen.
Welche Rolle spielt der Geschmack und wie testen Sie den?
Geschmack und Geruch bestimmen wesentlich die Akzeptanz durch das Pferd und sind somit maßgeblich für ein Produkt. Bevor ein Produkt auf den Markt gebracht wird, durchläuft es eine Reihe von Tests, unter anderem breitangelegte, praktische Akzeptanztests.
Für welche Pferde empfehlen Sie eine getreidefreie Fütterung und was dient dann als Energielieferant?
Getreide ist ein hochwertiges Futtermittel für schwerfuttrige Pferde oder für leistende Pferde, egal ob Training, Wettkampf, Zucht oder Wachstum – so kann genügend Energie effizient aufgenommen werden. Doch für manche Pferde ist es sinnvoll, komplett auf Getreide zu verzichten, beispielsweise bei leichtfuttrigen Pferden, Pferden ohne Arbeit oder bei Pferden mit Magenproblemen. Pferde mit Übergewicht, EMS, Cushing oder PSSM sollten ebenfalls getreidefrei ernährt werden.
Wichtigster Energielieferant ist natürlich das Heu. Alternative Energieträger zu Getreide sind zudem Fasern wie Häcksel oder pektinhaltige Komponenten und natürlich Öle und Fette.
Mehr Informationen zu einer gesunden Pferdefütterung findet Ihr in unserem Interview mit Constanze Röhm.
Wissenswertes zum Thema Leckerchen haben wir in einem separaten Beitrag zusammen gestellt.
Mehr zu Ergänzungsfuttermitteln findet in einem weiteren Artikel unserer Themenwoche.
Einen umfassenden Überblick über die Produktvielfalt bekommt Ihr auf der Equitana vom 9. bis zum 15. März in Essen. Dort könnt Ihr Euch auch persönlich beraten lassen.